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 Stellungnahme des Communityboards vom 27. Februar 2009

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CB2009
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BeitragVerfasst am: 03.03.2009, 14:08    Stellungnahme des Communityboards vom 27. Februar 2009 Antworten mit ZitatNach oben

Stellungnahme des Community-Boards des 1. Deutsch/Österreichisch/Schweizerischen AIDS-Kongresses (SÖDAK)

Liebe Communities und Interessierte!

Nachdem in den letzten Wochen die Gerüchteküche über die Community-Beteiligung am SÖDAK innerhalb der HIV-Positiven-, der ärztlichen/wissenschaftlichen, aber auch der AIDS-Hilfe-Communities zu einer Hochform aufgelaufen ist, möchten wir unsere Sicht diesen Gerüchten entgegenstellen.

Seit der ersten Vorbereitungssitzung des SÖDAK Anfang November 2007 (also noch vor der Implementierung des Community-Boards im Februar 2008), sind Vertreter/innen von Menschen mit HIV und AIDS in die Vorbereitung des Kongresses involviert.

Dabei ist auf der Seite der Vertreter/innen von Menschen mit HIV und AIDS zu keinem Zeitpunkt der Eindruck entstanden, dass die Beteiligung von Betroffenen am Kongress und der Kongressvorbereitung unerwünscht wäre. Das Gegenteil ist der Fall.

Auf besagter ersten Sitzung sind – durch die Vertreter/innen von Menschen mit HIV und AIDS mitgetragen und aktiv unterstützt – Entscheidungen getroffen worden, die den SÖDAK anders werden lassen, als die bisherigen Deutsch/Österreichischen AIDS-Kongresse.

Einige dieser Veränderungen basieren maßgeblich auf der Kritik der Teilnehmenden an den bisherigen Kongressen (einschließlich der kritischen Rückmeldungen von Menschen mit HIV und AIDS, die an diesen Kongressen teilgenommen haben).

So haben wir beispielsweise gemeinsam entschieden, die Zahl der Parallelveranstaltungen von sechs bis sieben auf zwei zu reduzieren, die Zeiten für Vorträge und die sich daran anschließende Diskussion zu reduzieren – was automatisch zu einer Reduktion der Zahl der Vorträge pro Veranstaltung führt.

Andere Entscheidungen waren eher finanziellen Gesichtspunkten geschuldet. So können zum SÖDAK bei weitem nicht mehr so viele Ärztinnen und Ärzte bzw. Wissenschaftler/innen und andere Personen auf Kosten des Kongresses zu Vorträgen eingeladen werden, wie das etwa in Frankfurt der Fall gewesen ist.

Aber auch das hat einen qualitativen Aspekt, ging es uns doch (auch) darum, die Omnipräsenz der pharmazeutischen Industrie zu reduzieren. Da aber ein medizinisch/wissenschaftlicher Kongress ohne die massive finanzielle Unterstützung der pharmazeutischen Industrie schlicht nicht durchführbar ist – die Regierungen / Gesundheitssysteme der drei an diesem Kongress beteiligten Länder stellen für die Fort- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten bei weitem nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung, um Kongresse ohne die Unterstützung der pharmazeutischen Industrie durchführen zu können – hat die Reduktion der Präsenz automatisch auch eine Reduktion des zur Verfügung stehenden Budgets zur Folge.

Zusammengenommen bedeuten diese Veränderungen daher, sich von liebgewonnenen Gewohnheiten und scheinbaren, angestammten „Rechten“ zu verabschieden.

Das Kongresspräsidium hat wiederholt versucht, die Wahrnehmung des Verlustes (dieser Gewohnheiten und „Rechte“) aufzubrechen und die Chance, die in diesen Veränderungen liegen, in das Bewusstsein zu rücken.

Anders als in Deutschland und Österreich, in denen es AIDS-Gesellschaften gibt, gibt es keine derartige Körperschaft in der Schweiz. Das hat zur Folge, dass – anders als bei den DÖAKs – der Kongresspräsident persönlich für etwaige Defizite des Kongresses haftet und nicht die jeweilige AIDS-Gesellschaft als Veranstalter. Das ist selbstverständlich ein unzumutbares finanzielles Risiko für den Kongresspräsidenten. Es hat unglücklicherweise bis Mitte Dezember gedauert, bis für die Frage nach der Haftung eine für alle Beteiligten befriedigende Lösung gefunden worden ist.

Da aber erst Mitte Dezember alle Verträge unter Dach und Fach waren, war vor diesem Zeitpunkt eine inhaltliche Vorbereitung des Kongresses kaum möglich, denn – nicht nur diese Vorbereitung kostet Geld (im Sinne von Sitzungen und Reisekosten) – wenn nicht klar ist, wieviel Geld zur Verfügung steht, kann man schwer planen.

Das Community-Board ist in dieser Phase der Unsicherheit vom Kongresspräsidium dringend gebeten worden, diese Situation nicht zu kommunizieren.

Wir verstehen, dass daraus unter Umständen der Eindruck entstanden ist, das Community-Board dürfe oder könne nicht arbeiten, denn wir hatten in diesem Zeit nichts zu kommunizieren, da die Arbeit des CB genauso vom Kongressbudget abhängig ist, wie der Kongress insgesamt.

Das Community-Board hat versucht, ab der zweiten Jahreshälfte 2008 ein Scholarship-Programm aufzustellen. Wir müssen konstatieren, dass uns das leider nicht gelungen ist. Das hat folgende Gründe:

1. Die Hotelsituation in St. Gallen unterscheidet sich wesentlich von der Lage in den bisherigen Kongressorten. St. Gallen ist eine verhältnismäßig kleine Stadt (etwa im Vergleich zu Frankfurt, Hamburg oder Wien) und hat daher insgesamt wesentlich weniger Hotelbetten.

2. Zeitgleich zum SÖDAK findet in St. Gallen ein Open-Air Rockfestival statt, dass alle Betten im unteren Preissegment in St. Gallen gebucht hat.
3. Die Betten in höheren Preisklassen sind von der Kongressorganisation des SÖDAK gebucht worden, sodass das Community-Board nicht an Betten herangekommen ist.

4. Selbst die von der Kongressorganisation für den Kongress gebuchten Betten in St. Gallen reichen bei weitem nicht aus, sodass bis in einen Umkreis von 60 km um St. Gallen herum (also bis nach Zürich) Bettenkontingente gebucht worden sind. Mit anderen Worten: Ein nicht unerheblicher Teil der Kongressteilnehmer/innen wird mehr oder weniger lange Anfahrtszeiten (mit Privatfahrzeugen haben), um von ihren Hotels zum Kongress und zurück zu kommen. Der Öffentliche Personennahverkehr ist – wegen des ländlichen Umfeldes von St. Gallen – nur eine begrenzte Alternative. Ein Shuttle-Service hätte zusätzlich etwa 100.000 Euro gekostet.

5. Sponsoren des Kongresses haben ein Vorkaufsrecht für Hotelkontingente. Man mag das finden wie man will, das ist ein Teil des Deals.

6. Da aber erst Mitte Dezember die Verträge unter Dach und Fach waren (und die Vorkaufsrechte erst danach eingelöst werden konnten), hat das Community-Board bis heute keine Einschätzung über mögliche Unterkünfte, Fahrtzeiten, Anfahrtsmöglichkeiten etc. für Scholarships.
Dieses Maß an organisatorischer Unsicherheit führt dazu, dass der Finanzbedarf für das Scholarship-Programm nicht kalkuliert werden kann. Da aber das Community-Board die für ein solches Programm benötigten Mittel selbst (etwa bei der Industrie, der Deutschen AIDS-Stiftungen etc.) zusammenbetteln muss, ist es uns bislang nicht wirklich möglich, eine seriöse Mittelakquise zu betreiben. Wir können schlicht den Sponsoren nicht sagen, wie hoch der Bedarf ist.

Darüber hinaus ist es aus unserer Sicht nicht verantwortlich, ein solches Programm auszuschreiben, wenn wir den Bewerbern nicht mitteilen können, ob das Programm überhaupt stattfinden kann, wieviele Teilnehmer wird einschleusen können, wo das Hotel ist, unter welchen Bedingungen sie dort untergebracht sind (Barrierefreiheit, Gemeinschaftsbad, Mehrbettzimmer, etc.) und wie sie vom Hotel zum Kongress kommen können, was das an finanziellen und zeitlichem Aufwand bedeutet etc.

Weiters hat uns der Planungsrückstand bei der Programmplanung sehr ernsthafte Probleme verursacht. Wir können erst nach Mitte März eine Einschätzung davon entwickeln, was inhaltlich auf dem SÖDAK geboten werden wird.

Was in den Communities immer sehr gerne ausgeblendet wird: Die Vorbereitung eines Kongresses und die Planung und Durchführung eines Scholarship-Programms machen Arbeit – und das nicht zu knapp. Die Mitglieder des Community-Boards leisten diese Arbeit ehrenamtlich – zusätzlich zu ihren sonstigen haupt- und ehrenamtlichen und familären Verpflichtungen.

Da sich aber insgesamt nur sechs Menschen mit HIV und AIDS aus Deutschland, Österreich und der Schweiz dazu bereit gefunden haben, den SÖDAK mit vorzubereiten und drei von diesen sechs Personen innerhalb des ersten halben Jahres aus verschiedenen Gründen die Mitarbeit aufgegeben haben, besteht das CB nur noch aus drei Personen (jeweils eine Person aus Deutschland, Österreich und der Schweiz). Nur zum Vergleich: Die CBs der letzten Kongresse sind mit 10 Personen gestartet!

Das zusammengenommen hat uns dazu veranlasst, in diesem Jahr auf ein Scholarship-Programm zu verzichten.

Manche mögen diese Entscheidung nicht teilen, darüber sind wir uns im Klaren.

Wir wehren uns aber auf Schärfste gegen die lautgewordenen Vorwürfe, wir seien zu dumm und zu faul ein Scholarship zu organisieren oder gar wir würden Menschen mit HIV und AIDS schlicht zu blöd halten, als dass sie nutzbringend an einem solchen Kongress teilnehme zu können.

Dessen ungeachtet weisen wir erneut auf die Grundsatzpapiere hin, die auf der Webseite des Community-Boards (http://www.hivcommunity.net/index.php?id=cb2009_home) eingestellt sind und die die Arbeitsgrundlage der letzten Community-Boards darstellen.
Wir haben ein Scholarship-Programm immer als ein zusätzliches Engagement im Rahmen der Arbeit des Community-Boards betrachtet. Der Schwerpunkt der Arbeit lag immer und liegt in der inhaltlichen (Mit-)Gestaltung des Kongresses.

Es sind Nachfragen zu weiteren Sitzungsprotokollen des Community-Boards gekommen, denn bislang steht nur ein Protokoll online. Es hat aus den oben dargelegten Gründen nur diese eine Sitzung gegeben.

Am 16. März wird in Frankfurt die Programmplanung erfolgen, an der sich das Community-Board selbstverständlich aktivst beteiligen wird. Wir werden die Ergebnisse selbstverständlich auf unserer Webseite kommunizieren.

Mit herzlichen Grüßen

das Community-Board
Michèle Meyer (CH) Wiltrut Stefanek (A) Bernd Vielhaber (D)

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